Allein in Deutschland gibt es über 2000 Natur- und Walkindergärten. Doch was ist ein Waldkindergarten eigentlich und was lernen Kinder dort? Wildnispädagogin und ehemalige Natur-Kita-Leiterin Miriam erzählt, wie ein Waldkindergarten arbeitet.
INHALTSVERZEICHNIS
Was ist ein Waldkindergarten?
In einem Natur- oder Waldkindergarten findet die Betreuung der Kinder zu einem überwiegenden Teil im Freien statt. Dafür gibt es festgelegte Natur- und Waldplätze. Jedoch unterscheiden sich die Konzepte und pädagogischen Zugänge von Kindergarten zu Kindergarten – etwa in Bezug darauf, wie viel Draußenzeit wöchentlich stattfindet: So verbringen die Kinder und Pädagog*innen in den „klassischen“ Waldkindergärten die ganze Woche draußen – und das auch bei Wind und Wetter. Zwar gibt es in der Regel auch Räumlichkeiten wie z.B. einen Bauwagen oder eine Schutzhütte. Diese werden jedoch üblicherweise nur bei extremen Wetterereignissen aufgesucht. Natürlich gibt es jedoch auch in Waldkindergärten trotzdem die Möglichkeit, eine Toilette aufzusuchen, sich die Hände zu waschen oder Schutz vor Hitze und Kälte zu suchen.

Bei anderen Formen des Natur- oder Waldkindergartens gibt es klassische Kindergartenräumlichkeiten und die Zeit zwischen „drinnen“ und „draußen“ wird aufgeteilt. In manchen Kindergärten wechseln sich Kindergartengruppen aus mehrgruppigen Einrichtungen wochenweise ab.
Wer hat das Konzept Waldkindergarten erfunden?
Das Konzept der Waldkindergärten bzw. Naturkindergärten stammt ursprünglich aus Skandinavien. Dort betreute die Dänin Ella Flatau in den 1950er Jahren ihre eigenen Kinder sowie die Nachbarskinder – und das häufig draußen im Wald. Nachdem ihr Konzept bei anderen Eltern auf sehr viel Interesse und Begeisterung stieß, rief sie den ersten Waldkindergarten ins Leben.
► WALDPÄDAGOGIK
Arbeitet ein Waldkindergarten eigentlich mit waldpädagogischen Methoden? Was ist Waldpädagogik eigentlich? Wie unterscheidet sie sich von der Wildnispädagogik? Und wie wird sie angewendet?

Warum ein Waldkindergarten?
In unserer modernen Welt gibt es kaum noch naturbelassene Spiel- und Erlebnisräume. Während früher auch in Städten verwilderte Gärten, Hinterhöfe, Brachflächen oder wilde Wiesen zum abenteuerlichen Spielen mit anderen einluden, sind diese Erfahrungen für einen Großteil der Kinder heute nicht mehr Bestandteil ihres Alltags. Umso wichtiger ist es, Kindern regelmäßig Draußenzeit zu ermöglichen. Ein Natur- oder Waldkindergarten kann dabei unterstützen.

WIE WIRKT DER WALD AUF KINDER?
Zeit im Wald eröffnet Kindern eine Erfahrungswelt, die von Freiheit, Selbstwirksamkeit und Verbundenheit geprägt ist. Denn draußen zu spielen, bedeutet Vielfalt, Kreativität, Fantasie und Entdeckerfreude: Ob ein Häuschen aus Zweigen zu bauen, Tierbeobachtungen zu machen oder Naturschätze zu sammeln: Wald bedeutet Raum, um sich selbst auszuprobieren, in verschiedene Rollen zu schlüpfen, Themen zu durchleben, sich draußen zuhause zu fühlen und sich somit kreativ mit der Welt ringsum auseinanderzusetzen.
► WALDKINDERGARTEN - ERFAHRUNGEN
Auch einige Teilnehmer*innen unseres Online-Lehrgangs für Wildnispädagogik & Naturmentoring sind in Waldkindergärten tätig. Viele von ihnen haben die Inhalte unseres Lehrgangs dort sehr erfolgreich und mit viel Leidenschaft in ihrer Bildungsarbeit umgesetzt. In den Erfahrungswerten unserer Teilnehmer*innen kannst du mehr darüber erfahren:
WAS LERNEN KINDER IM WALDKINDERGARTEN?
Walderlebnisse spielen somit eine wichtige Rolle für die kindliche Entwicklung: Ein umgefallener Baumstamm, der zum Balancieren und Klettern einlädt? So üben sich Geschick und Motorik! Eine kleine Höhle im Waldboden? Vielleicht wohnt eine Zapfenfamilie dort! Ein gluckernder Bach? Schau genau hin! Vielleicht entdeckst du den kleinen Flusskrebs, wenn er aus seinem Bachbett hervorschlüpft.

Auf industriell gefertigtes Spielzeug im herkömmlichen Sinn wird im Waldkindergarten verzichtet. Schließlich liefert die Natur genug Materialien, um sich kreativ und fantasievoll mit anderen dem Spielen zu widmen! Und draußen die Seele baumeln zu lassen, tut schließlich nicht nur den Kleinen, sondern auch uns Großen gut.
Ist mein Kind für den Waldkindergarten geeignet?
Jedes Kind kann von Draußenzeit im Wald und in der Natur profitieren. Wenn du unsicher bist, ob dieses Kindergartenkonzept zu euch passt, könnt ihr gemeinsam einen oder mehrere Waldkindergärten besuchen und euch in einem Gespräch über die pädagogische Ausrichtung, die Methoden und Arbeitsweisen informieren. Wichtig bei der Wahl eines Kindergartens ist natürlich immer, dass Eltern und Kinder (!) ein gutes Gefühl dabei haben.
► WILDNISPÄDAGOGIK & NATURMENTORING
Viele unserer Teilnehmer*innen am Online-Lehrgang für Wildnispädagogik & Naturmentoring sind selbst Eltern und möchten sich und ihren Kindern mehr gemeinsame Draußenzeit schenken. Unsere Kursinhalte kannst du selbstverständlich mit deiner Familie teilen. Wir regen dich dazu an, unsere Wildnispädagogik-Inhalte gemeinsam auszuprobieren. Deine Kinder können ein eigenes Wildniswind-Heft bekommen und unsere Journalvorlagen genauso zur Dokumentation nutzen, wie du. Du wirst sehen: Gemeinsam macht unser Kurs noch viel mehr Spaß.

Was sind die Vorteile bei einem Waldkindergarten?
Mit dem Bewusstsein dafür, wie sehr Kinder von regelmäßiger Draußenzeit profitieren, werden auch die Wartelisten für Plätze in Waldkindergärten immer länger. So konnten empirische Studien zeigen, dass der Besuch eines Waldkindergartens sich nicht nur positiv auf Kreativität und Fantasie von Kindern auswirkt, sondern auch aggressive Verhaltensweisen mindert. (1) Auch Studien über die motorischen Fähigkeiten und die subjektive Gesundheitseinschätzung zeigen, dass der Besuch eines Waldkindergartens langfristig positive Effekte auf die Gesundheit auf körperlicher, mentaler und sozialer Ebene hat. (2)
Was sind die Nachteile bei einem Waldkindergarten?
Sehr selten kommt es vor, dass Kinder sich in einem klassischen Hauskindergarten wohler fühlen. In unserer Erfahrung hat dies allerdings häufiger mit der Qualität von Bindung und Beziehung zwischen Erzieher*in und Kind zu tun. Auch Kinder mit leichten motorischen Einschränkungen können oft trotzdem im Wald betreut werden und profitieren sogar von der Förderung, die das natürliche Gelände ihnen bietet. Wichtig ist immer ein gutes Vorgespräch über die Art der Beeinträchtigung des Kindes und ein regelmäßiger Austausch zwischen Eltern und Team.
Fortbildung für Erzieher*innen & Walkindergarten-Pädagog*innen

ÜBER MIRIAM SCHULZ
Miriam ist mehrfach zertifizierte Wildnispädagogin, Fährtenleserin und Gründerin der Wildnisschule erdwege im Münsterland. Seit vielen Jahren lernt und lehrt sie die Kunst des Fährtenlesens und leitet wildnispädagogische Kurse und Weiterbildungen. Als langjährige Mitarbeiterin und Leiterin einer Kita mit Naturschwerpunkt kennt sie sich bestens im pädagogischen Alltag aus. Ihre Leidenschaft gibt sie an ihre Schüler weiter.
FAQ - Waldkindergarten
Laut Bundesverband der Natur- und Waldkindergärten gibt es allein in Deutschland bereits ca. 2000 Natur- und Waldkindergärten. Die Zugänge und pädagogischen Konzepte unterscheiden sich jedoch von Kindergarten zu Kindergarten – z.B. in Bezug darauf, wie viel Zeit tatsächlich draußen im Freien verbracht wird.
Mit diesem Thema hat sich die Doktoratsstudie von Dr. Peter Häfner an der Uni Heidelberg. auseinandergesetzt. Denn häufig fragen sich Eltern, ob ihre Kinder im Waldkindergarten genauso gut auf die Schule vorbereitet werden, wie im Regelkindergarten. Die Antwort aus Häfners Studie: Ja, Waldkindergärten bereiten Kinder ebenso gut auf den schulischen Alltag vor, wie Regelkindergärten. Zudem, so Häfner, fördern Waldkindergärten Kreativität, Fantasie und vermindern aggressives Verhalten.
Hier findest du die vollständige Arbeit zum Download.
Was Waldkindergärten betrifft, überwiegen unserer Meinung nach klar die Punkte auf der Pro-Seite. Manchmal kommt es aber vor, dass besonders wettersensible Kinder eine längere Zeit der Gewöhnung brauchen. Dann helfen oft Gespräche mit dem Kindergartenteam, um Unsicherheiten abzubauen und insbesondere Eltern Sicherheit zu geben. Kinder mit Beeinträchtigungen oder erhöhtem Förderbedarf können in vielen Waldkindergärten inklusiv betreut werden. Erkundige dich einfach vorab bei der Einrichtung bzw. bei deinem zuständigen Jugendamt.
Von Gummistiefel über Regenhose, Kleidung zum Wechseln bis hin zu Rucksack und Thermosflasche: Eine gute Draußenausrüstung ist für Kinder im Waldkindergarten essentiell! Denn von Nässe oder Kälte will sich schließlich niemand den Tag beim Spielen und Entdecken verderben lassen. Eure Waldkindergartenerzieherin bzw. euer Waldkindergartenerzieher stattet dich mit einer Liste über die Grundausrüstung aus, die dein Kind im Waldkindergarten braucht. Grundsätzlich sind das:
- Ein gutsitzender Waldrucksack für Kinder
- Eine kleine Sitzunterlage
- Eine stabile Flasche, die auch warme Getränke enthalten kann
- Eine Regenhose / Buddelhose / Skihose
- Eine multifunktionelle, regendichte Jacke (oder ein Zwiebelsystem)
- Mütze, Handschuhe, Schal, Sonnenkäppi
- Warme Wollunterwäsche aus Merino (diese ist zwar teuer, wärmt aber erheblich besser als die aus Funktionsfasern)
- Warme, wasserfeste Schuhe (im Winter keine Gummistiefel!)
- Gegebenenfalls Mückenmittel, nach Absprache mit dem Team
- Ausreichend Sonnenschutz
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Quellen
- https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/3135/
- https://www.bvnw.de/wp-content/uploads/2021/03/Promotion-Naturerfahrungen-und-Gesundheit.pdf
- https://www.bvnw.de/natur-und-waldkindergaerten/deutschland